2017 das Cecilia-Jahr (Teil 5)

180 1Der königliche Männerchor Cecilia 1837 Vaals feiert in diesem Jahr sein 180-jähriges Bestehen.

Ein besonderes Vermächtnis aus 1837

Anfang des 19. Jahrhunderts war es nicht ungewöhnlich, daß notarielle Nachlässe und Verteilungen per Verfügung bestanden aus einem Haus mit Grund, einer Parzelle Bauland von 21 Ruten und 60 Ellen, einer Scheune oder sogar dem besten Pferd. Solche Erbschaften haben sich sicherlich auch in Vaalser Familien ergeben. Ein besonderes Vermächtnis für Vaals ist der 1837 gegründete Männerchor.

Daß das Vereinsleben in Vaals bereits im frühen 19. Jahrhundert seinen Ursprung hatte wird auch mit dem Wohlstand der Bürger erklärt werden können. Der enorme wirtschaftliche Impuls aus der Industrialisierung Aachens Anfang des 19. Jahrhunderts war hierfür sicherlich ausschlaggebend. Die Steinkohlegewinnung, die Tuch-und Nadelfabriken in der Umgebung Aachens, so auch die Tuchfabrik von August Binterim in Vaals, haben ohne Zweifel einen positiven Einfluß auf das Wohlergehen der Vaalser Bürger gehabt. Viele Bewohner ( Vaals hatte derzeit ca. 3000 Einwohner ) werden eine Beschäftigung in diesen Industrien gefunden haben, oder haben sich als Tagelöhner verdingt. Nach einer harten und langen Arbeitswoche wurde offensichtlich Entspannung gesucht im Dorfcafe, wo Gemütlichkeit und Gesang ihre Blüte erlebten und zur Schaffung des Männerchors führten. Fantastisch daß diese Hinterlassenschaft aus 1837 auch heute noch so lebendig ist. Anerkennung und Bewunderung ist angebracht angesichts der zahlreichen Dirigenten, Vorstände sowie Mitglieder, die durch ihre Energie, Motivation, Pflichtgefühl und Vereinsdisziplin dieses Bollwerk “KMK Cecilia“ bewahren konnten.

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Die in den Statuten festgelegten Richtlinien waren bewußte Hilfestellungen zum Wohle des Vereins und seiner internen Spielregeln. Bei der Gründung des Chors 1837 sind bestimmt Absprachen gemacht worden hinsichtlich der Ambitionen des Chors sowie der organisatorischen Richtlinien. Die ersten handschriftlichen Statuten datieren vom 7. November 1853.

Statuten des Vaelser Gesang Vereins 
Da keine Gesellschaft ohne Gesetze bestehen kann, so haben die unterschrieben Mitglieder des Vereins sich verpflichtet, folgende Statuten als Richtschnur anzunehmen, durch deren pünktliche Befolgung sie alle Zwietracht und Uneinigkeit zu vermeiden suchen. Artikel 1 Erste und wesentlichste Pflicht eines jeden aktiven Mitgliedes ist der regelmäßige und pünktliche Besuch der wöchentlichen Versammlungen von Beginn bis zum Schluß, weil dieses die Grundbedingung des Bestehens, des Fortschreitens und der Vervollkommnung hinsichtlich der Leistungen der Gesellschaft erfordert.
Diese Satzung bestand aus 15 Artikeln und wurde mit der Unterschrift von 55 Chormitgliedern bekräftigt. 1931 wurde beschlossen diese alten Statuten zu erneuern. Die neue gleichfalls deutschsprachige Satzung, auch wohl “Mitgliedsbuch“ genannt, wurde durch die Druckerei Bröcheler-Thoma für Fl. 16.- in einer Broschüre zusammengefaßt und gedruckt. 1945 erfolgte dann die Übersetzung ins Niederländische durch die Mitglieder Willem Larik und Alphons Hick ( beide ehemalige Vorsitzende ). Die Statuten aus 1945 wurden 1979 gänzlich überarbeitet und notariell beurkundet und gleichzeitig bei der Handelskammer Maastricht registriert. Sie sind bis heute der Leitfaden der Vereinigung.

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Heutige Vereinsfahne und Segnung in 2009

Vereinsfahne
Nach der Gründung und der Festlegung der Statuten konnte natürlich eine Vereinsfahne nicht fehlen. Stolz haben Generationen hinter ihrer Vereinsfahne gestanden und sind ihr gefolgt bei Umzügen und Prozessionen, in guten und weniger florierenden Zeiten. Es war nicht ungewöhnlich daß ein Fahnenträger von außerhalb des Vereins sich anbot um die Fahne zu tragen, begleitet von 2 Sekundanten aus dem Chor. Es läßt sich nicht mehr feststellen wer der erste Fahnenträger war in der Geschichte des Vereins. Die erste Fahne datiert aus dem Jahre 1863 und wurde in Aachen hergestellt, 1885 folgte dann ein zweites Exemplar. Die dritte Fahne des Chors aus 1929 ( die insgesamt 80 Jahre ihren Dienst tat ) wurde zwischenzeitlich von den Ehrwürdigen Schwestern Clarissen in Mechelen restauriert. Die traditionellen Vereinsfahnen waren oft durch ihre solide Struktur sehr schwer, es war mühevoll sie bei Wind und Wetter und langsamem Marsch durch die Straßen von Vaals zu tragen. Gegenwärtig ist Marcel Wolff unser Fahnenträger, der die 4. Flagge in der Vereinsgeschichte mit Würde weiß zu tragen. Diese neue Fahne ist ein Entwurf unseres Vorstandsmitglied und Graphiker Jo Ernes und wurde 2009 durch Pastor G.Broekhoven gesegnet.

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Emmanuël Pleijers

Musikalischer Leiter
So wie in jeder Musikvereinigung nimmt der musikalische Leiter den prominentesten Platz ein neben dem Vorzitzender. Cecilia's erster Dirigent war G.H. Beckers von 1837 bis 1870. Emmanuel Pleijers ist seit 2005 der 16. aktive und sehr erfahrene Dirigent.

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G.H. Beckers John Schwanen

Der Vorsitzende
Der heutige Begriff “Manager“ wäre ein zutreffender Ausdruck für die Vorsitzenden, die eine nicht zu unterschätzende Funktion erfüllen und das Bindeglied darstellen zwischen Dirigent und Vorstand. Dazu koordinieren sie die Kommunikation zwischen Vorstand und Mitgliedern. Der Vorsitzende muß eine enorme Triebkraft und Vereinsliebe besitzen um in verschiedensten Situationen die richtige Entscheidung zu treffen, zum Wohle des Vereins. Der erste Vorsitzende des Chors war G.H. Beckers, der als Dirigent hiermit gleichzeitig eine Doppelfunktion erfüllte. John Schwanen ist unser Vorsitzender seit 2009, sehr getrieben und immer parat für seine Cecilia. Insgesamt 18 Vorgänger gingen John voraus. Besondere Aufmerksamkeit ( in diesem Luther-Jahr ) verdient Alt-Vorsitzender Jean (Sjeng) Thijssen für seinen unermüdlichen Einsatz zum Erhalt der Lutherischen Kirche zu Vaals, welches heute als Kulturzentrum “de Kopermolen“ dient. Sjeng wußte den Verfall und die Verwahrlosung zu stoppen. Durch seinen persönlichen Einsatz und Initiative ist dieses monumentale Gebäude im Zentrum von Vaals erhalten geblieben. Sein Freund Leo Ketelaars leistete seinen kulturellen Beitrag mit der Organisation von Konzerten. Damit kann die gesamte Vaalser Gemeinschaft bis heute von diesem historischen Monument genießen. Chapeau “Sjeng Thijssen“. Das Engagement vieler sehr motivierter Freiwilliger hält die Initiative von „Sjeng“ bis heute aufrecht.

Weitere interessante Daten auf Basis von Archivdokumenten.
In der Geschichte des Chors schienen im 19. und 20. Jahrhundert folgende Themen wichtige Punkte auf der Agenda von Versammlungen.
1. Wie ein roter Faden zog sich die Sorge um die Probenteilnahme der Mitglieder und die Kontrolle darüber durch die Vorstandssitzungen
2. Die vielseitige Zusammenarbeit mit kommunalen und regionalen Chören und Harmonien
3. Das sehr häufige Auftreten des Chors in der Pfarrkirche, aber auch Ständchen bei lokalen Jubiläen und Vereinsfeierlichkeiten, darüberhinaus die Aufführung von Theaterstücken
4. Die Teilnahme am Gesangswettstreiten
5. Das Organisieren von Tagesausflügen

Konzertagenda
Hinsichtlich der Konzertagenda und vieler Anfragen für musikalische Darbietungen, scheint es daß es Anfang des 20. Jahrhunderts nicht unüblich war um nicht immer mit dem gesamten Chor aufzutreten, sondern auch schon mal ein Doppelquartett zu entsenden. Eine organisatorische Flexibilität die unterstreicht daß die Sänger über ein hohes Gesangsniveau verfügen mußten.

Mitgliederversammlung
Das Jahr 1911 beschrieb ein schwarzes Blatt in der Geschichte der Cecilia, durch das Ausscheiden von 18 Mitgliedern die die Gründung eines neuen Vaalser Chors unter dem Namen “MGV Liedertafel Vaals“ beschlossen. Pastor Jozef Franck rief während einer eingeschobenen Mitgliederversammlung die verbliebenen Sänger auf dem Chor treu zu bleiben. Am 16. November erhielt der damalige Vorsitzende Jos. Lennartz den Auftrag um die “Liedertafel“ zu einer Fusion zu bewegen. Dieses schien eine “mission impossible“ zu sein. Später verbesserte sich das Verhältnis und führte zu einer gesunden Rivalität, es wurden auch gemeinsame Konzerte organisiert. Ein markanter Dirigent der “Liedertafel“ war Harrie Thissen.
1937 wurde während des 100-jährigen Jubliäums eine Regenversicherung abgeschlossen, gegen Wettereinflüsse bei Freilichtkonzerten und Festlichkeiten ( Kiosk, Auftritte etc.), mit Police-Kosten von. Fl 50.- und einer Auskehrungssumme von Fl. 200.-.
In dunkleren und mageren Jahren Beginn des 20. Jahrhunderts wurden im Ausnahmefall arbeitslose Sangeskollegen von ihrem Mitgliedsbeitrag freigestellt, darüberhinaus empfingen Sänger im militärischen Dienst ein Weihnachtspaket von Fl. 3.-.

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70-Jähriges Jubileum 1907

Vorstandsitzung juli 1940,
Da wegen der Verdunkelung es nicht möglich ist die Probe Montagsabends zu halten sollte die erste Probe am Sonntag den 28 juli 1940 stattfinden. Die sollte dann im Kirchenblatt bekannt gemacht werden. Die Probe Montags sollen Hauptsächlich wegen Fliegeralarm nicht gehalten werden und auch dann die meisten Mitglieder nicht zu gegen sein köntten.
Am 17. Dezember 1941 war die letzte Vorstandssitzung, aufgrund des 2. Weltkrieges. Vermutlich haben in der Zwischenzeit doch geheime Choraktivitäten stattgefunden. Nach der Befreiung fand am 19. April 1945 die erste Vorstandssitzung statt.

Am 19. August 1950 wurde das 112 ½ -jährige Bestehen gefeiert, eigentlich ein seltsames Jubiläum, möglicherweise gewählt um nach dem Kriegselend die Musik und die Feierlaune wieder in den Vordergrund zu stellen.
Man kann heute konstatieren daß innerhalb vieler Vereinigungen oft ganze Familien einen erheblichen Anteil am Mitgliederbestand hatten. Bei der Gründung der Cecilia scheint daß die Familie Beckers und später Familie Speth prominent vertreten waren. Die Familie Meesters hatte Mitte des Jahres 1900 ebenfalls einen großen Anteil bei der Besetzung des Chors, es waren gleichzeitig 5 Brüder Mitglied, nämlich Joseph, Peter, Johan, Alois und Gerard, alle “Meester“ im Singen. Joseph Bröcheler wies seinen 3 Söhnen Hans, Casper und Rud den Weg zur Cecilia. Bis heute noch sind Nachfahren im Chor aktiv.

Wertschätzungen
KMK Cecilia erhielt 1962 die Urkunde zum Prädikat “Koninklijk“ vom Gouveneur Frans Houben.
Bürgermeister Reg van Loo überreichte 2012 den Kulturpreis der Gemeinde Vaals.

Nach 180 Jahren

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Auftritt 2017 im Cultureel Centrum ‘de Kopermolen’ Vaals

Das Jahr 2017 is wiederum ein Meilenstein in der Geschichte des Koninklijk Mannenchor Cecilia 1837 Vaals. Bescheiden aber nicht unbemerkt ist dieses besondere Vereinsjahr verlaufen.
Am 26. März wurde zusammen mit dem Mannenkoor CCK'74 Esch-Lemiers die Deutsche Messe von Franz Schubert aufgeführt in der St. Pauluskirche zu Vaals. Danach erfolgte die Jubilarsfeier am 28. Mai mit der Aufführung der mehrstimmigen Messe von F. Assenmacher, unter der Mitwirkung von u.a. dem Bariton John Bröcheler. Am 28. Oktober war das ausverkaufte Stadttheater “de Domijnen“ in Sittard Podium für das Opera-Belcantokonzert “Il Viaggio“ (die Reise), in Kooperation mit dem gemischten Chor “Totaal Vocaal“. Zusammen mit der Kon. Harmonie St. Cecilia 1836 fand am 19. November die Feier unserer Patronin der heiligen “Cecilia“ statt in der St.Pauluskirche zu Vaals. In der Adventszeit folgen zwei Weinachtskonzerte. Das erste am 9. Dez. in Maastricht zusammen mit dem Koninklijk Sint Caeciliakoor aus Heer-Maastricht, und am 17. Dez. unser eigenes Konzert in Vaals, mit Amy Schillings als Gastsopran sowie dem Orchester “Salon Rouge“. Um es populär auszudrücken “ die Ceciliamänner mußten seriös an die Arbeit“, können aber mit Stolz auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken.
Das Jahr 1837 scheint unbestritten für Vaals ein besonderes Jahr gewesen zu sein.

J.F.

 

Im Rahmen des Jubiläumsjahres 2017 werden volgende Aufführungen und Konzerte stattfinden:

  • 9. Dezember: Weihnachtskonzert in Zusammenarbeit mit dem Koninklijk Sint Ceciliakoor Heer-Maastricht
  • 17. Dezember 2017 - Weihnachtskonzert in de St.Pauluskirche Vaals.

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